Gus van Sant, Pionier des Queer Cinema, ist der Physiklehrer der Filmkunst. Auch wenn er mit Stars wie Matt Damon arbeitet, zeigt sich...
Dieser in Cannes mit der Goldenen Palme dekorierte Film ist das Gegenteil eines Märchens, in dem das ganze Geschehen aus den Anlagen eines Wunderkinds fließt und die Virtuosität eines Stars die Harmonie der Welt beglaubigt. In der längsten Einstellung in Gus van Sants Film „Elephant“ aus dem Jahr 2003 trägt Nathan, einer der Schüler, die von Laien gespielt und mit Schrifttafeln ihrer Vornamen eingeführt werden, ein Zeichen auf dem Rücken, das „Rette mich!“ bedeutet. Man kann sich die Gattungsbezeichnung von der Sonate borgen: „Elephant“ ist gleichsam eine Fantasie, eine zielstrebig schweifende Betrachtung, die viele mögliche Auslöser des Unheils berührt, Knotenpunkte von Pfadabhängigkeiten, ohne sich auf Ursachen festzulegen. Als Pionier des Queer Cinema etablierte er sich 1991 mit „My Own Private Idaho“, der Übertragung von Shakespeares Falstaff-Tragödie des verstoßenen Ziehvaters ins Strichermilieu. Die schwarze Komödie „To Die For“ über eine Wettermoderatorin, die alles ihrer eingebildeten Fernsehkarriere opfert, weil sie an die Macht der Bilder glaubt, frappierte 1995 durch perfektes Design, eingeschlossen die quasi natürliche Künstlichkeit des Spiels der Hauptdarstellerin Nicole Kidman, die das Satirische transzendiert. Juli 1952 in Louisville, Kentucky, als Sohn eines Handlungsreisenden und Managers geboren, studierte an der Rhode Island School of Design und spielte zunächst mit dem Gedanken, Maler zu werden. An der Tafel, durch Plot-Erfindergeist allein, lässt sich die paradoxe Aufgabe aber nicht lösen.