Er irritierte mitsamt unpassenden Erinnerungen und bösen Liedern die herrschende Dreivierteltaktseligkeit: Am 18. Juli wäre der Wiener Komponist und Musiker ...
Etwa in »Das Triangel«. Die ganze große Symphonie geht an einem vorüber und man selbst ist nur dazu da, an einer Stelle ein kurzes »Kling« beizusteuern. Diesen bleibt bloß noch die Nacht als Zuflucht. »Chimären, als wären sie aus Spinnweben gemacht«. Kreislers Sympathie ist bei ihnen, wenn er schlaflos daliegend aus dem Fenster blickt – und die Schatten davor musizieren sieht. Zurück in Hollywood sucht er 1946 Arbeit als Filmmusiker. Chaplin, der keine Noten lesen kann, verpflichtet ihn für »Monsieur Verdoux – Der Frauenmörder von Paris«. Er pfeift ihm die Melodie, die er im Kopf hat, vor, und Kreisler notiert die Noten, geht damit zu Hanns Eisler, der die Orchestrierung besorgt. Das Repräsentieren von was auch immer entsprach nun mal nicht seinem Naturell, das voller Skepsis war. Was passiert mit dem Menschen, der in der Logik des Warenhauses sozialisiert wird. Bereits Karl Kraus bekannte, sein Hass auf diese Stadt sei »nicht verirrte Liebe, sondern ich habe eine völlig neue Art gefunden, sie unerträglich zu finden«. Für Georg Kreisler kann Wien keine wiedergefundene Heimat sein. Es entstehen – nun im Kontakt mit der Kabarettszene – in den 60er und 70er Jahren Platten, die beziehungsreiche Titel tragen: »Nichtarische Arien«, »Seltsame Gesänge« oder »Lieder zum Fürchten«. Keine Wohlfühlmelodien, oder doch: die Melodien schon – aber umso schockierender die Texte. Wie unerhört vertraut klingen Liedzeilen wie jene von »Epidemien zu Vorzugspreisen« und »außerdem natürlich Särge«, deren Preise allerdings steigen. Er hat eigene Lieder im Kopf, die von jenem schwarzen Humor zeugen, der nicht lügt, sondern die allgegenwärtige Lüge hörbar macht. Mit Anfang 20 gehört er zu einer Spezialeinheit, die gefangene Nazi-Größen wie Göring und Kaltenbrunner verhört. Wie gewöhnlich das Monströse doch sein kann! Er blieb immer US-amerikanischer Staatsbürger. Auf die Frage, warum er nicht wieder Österreicher geworden sei, antwortete er kurz vor seinem Tod 2011, man habe es ihm nie angeboten. Er wuchs mit der Mahnung seiner Mutter auf: »Sei nicht so laut, wir sind Juden.« Alle Idyllen lügen. Sie sind immer nur das Sahnehäubchen, das uns das Verbrechen darunter versüßen soll.
Am 18. Juli wäre der Entertainer aus Wien 100 Jahre alt geworden. von Gerhard Haase-Hindenberg 16.07.2022 23:04 Uhr.
Er textet: »Wie schön wär mein Wien ohne Wiener …« Immer wieder flieht er, wohnt in München, Berlin und Basel, und mit seiner letzten Lebenspartnerin Barbara Peters tingelt er an bis zu 250 Abenden im Jahr über die deutschsprachigen Bühnen. Die Republik Österreich hatte allen Bürgern, die seinerzeit im Land geblieben waren, die Staatsbürgerschaft zurückgegeben. Doch dem Emigranten Kreisler wurde sie nie angetragen, nicht einmal, als zu seinem 70. Doch der Chef mag keine Juden. Im Nachtklub »Le Ruban Bleu« hat Georg Kreisler am 28. Kane erkennt in Kreisler ein Talent als Entertainer am Klavier. Das führt zwar nur zu befristeten Engagements, denen Wochen der Arbeitslosigkeit folgen, aber Kane bringt ihm bei, wie man Pointen setzt, lehrt ihn Gestik und Mimik. Beim Probeauftritt im »Number One« auf der 5th Avenue applaudiert das Publikum begeistert. Dann treten die USA in den Krieg ein, und Kreisler findet sich uniformiert im britischen Yeovil wieder. Vater Siegfried erlebte seinen Schorschi als Traumtänzer, was ihn zu der Mahnung veranlasste: »Von Fantasie kann man nicht leben …« Dabei mochte er den eigenen Bruder Otto Kreisler vor Augen gehabt haben, der sich mit wechselndem Erfolg als Stummfilmproduzent durchschlug. Durch die Vermittlung seines Freundes Marcel Prawy wird Kreisler zu einer Spezialeinheit versetzt, bei der deutschsprachige Soldaten zu Verhörspezialisten ausgebildet werden. charlie chaplin Zurück in Kalifornien, hangelt sich Kreisler mit meist schlecht bezahlten Studiojobs durch. Er lernt Charlie Chaplin kennen. KALIFORNIEN Walter Reisch bringt seinen Cousin in Beverly Hills mit Komponisten, Autoren und Schauspielern zusammen. Als Chef einer Revuetruppe komponiert er Songs für jene Soldaten, die sich auf den D-Day vorbereiten.
Anlässlich des Jubiläums des Satirikers werfen wir einen Blick auf dessen Leben und Werk in alphabetischer Reihenfolge. Von A wie "Aphorismus" bis W wie ...
Juli 1922 in Wien geborene Georg Franz Kreisler munter vorwärts: "Als wir noch dünner waren, standen wir uns näher", ist so ein Satz, oder: "Zahl deine Steuern, denn Waffen sind teuer." Apropos: Politisch bezeichnete sich Georg Kreisler als gewaltfreien Anarchisten. Der Satz "Keine Macht für niemand" stammt zwar nicht von ihm, darauf verwiesen hat er aber gerne. Anlässlich des Jubiläums des Satirikers werfen wir einen Blick auf dessen Leben und Werk in alphabetischer Reihenfolge. Von A wie "Aphorismus" bis W wie "Wiener"
Seine Lyrik war eine Nahkampfwaffe gegen Ressentiments in warmen Bürgerstuben. Was würde er heute singen? #SZPlus.
Der heute vor hundert Jahren geborene Kabarettist verewigte den Musikrezensenten als ewigen, leichtfertigen Neinsager.
Frechheit siegt, aber nur, wenn man was kann: Die "Kreisler-Lieder" von Franui und Nikolaus Habjan als grandiose CD. Von Egbert Tholl. Anhören
Und mit dem Theater, das haben sie mit Nikolaus Habjan gemeinsam. Als sie anfingen, spielten sie auf Hochzeiten, Feuerwehrfesten und Beerdigungen, vor allem Beerdigungen, das legitimiert für Kreisler allemal, mit Trauermärschen aller Art kennen sie sich aus. Nikolaus Habjan, der hier singt, singt eigentlich nicht, nein, irgendwie schon, aber eigentlich spielt er mit seiner Stimme, Ein-Mann-Theater, die Holzbläser tirilieren, alles, was Kreisler sich erdachte, wird größer, wird Szene, wird Dreiminutenepos.
Vielleicht der musikalischste Kabarettist aller Zeiten: Heute vor 100 Jahren wurde Georg Kreisler geboren.
Vielleicht der musikalischste Kabarettist aller Zeiten: Heute vor 100 Jahren wurde Georg Kreisler geboren. Vielleicht der musikalischste Kabarettist aller Zeiten: Heute vor 100 Jahren wurde Georg Kreisler geboren.
Vor 100 Jahren ist Georg Kreisler in Wien geboren worden – jener Stadt, zu der er stets ein zwiespältiges Verhältnis haben sollte: Kreisler war Jude, ...
Der Inhalt – die Geschichte zweier nach Afrika auswandernder Künstler – natürlich satirisch gefärbt. Nach Stationen in München, Berlin und der Schweiz verbrachte Kreisler seine letzten Lebensjahre mit seiner Ehefrau am Land in Salzburg, wo er 2011 starb. Ich komme immer wieder gerne her – und ich fahr gern wieder weg.“ Kreisler war sich sicher, „der Tod, das muss ein Wiener sein", wie es im gleichnamigen Kreisler-Klassiker heißt. Kreisler äußerte sich zunehmend kritisch gegenüber dem kapitalistischen System: „Und wenn die Kunst Ware wird, dann hört sie auf, eine Kunst zu sein“, so Kreisler. Den Menschen in jenem Land, das Kreisler schon lange nicht mehr als Heimat bezeichnen mochte, gefielen sein schwarzer Humor und seine satirisch-bösartigen Texte. Noch viele Jahre später haderte er mit dieser Zeit. Das Kabarett von Qualtinger und Co. sei zu wenig scharf gewesen, sagte er sinngemäß in Interviews. Nach dem Ende des Krieges versuchte Kreisler sein Glück in den USA. In dieser Zeit lernte er auch Charlie Chaplin kennen und begann, mit ihm zu arbeiten. Kreislers Verhältnis zu Wien blieb bis zu seinem Tod zwiespältig. „Ich bin nicht gerne lange in Wien, muss ich dazu sagen“, so Kreisler einmal. In Hollywood trat Kreisler erste Jobs in der Film- und Musikszene an. Kreisler wurde 1922 als Sohn einer jüdischen Familie in das Wien der Zwischenkriegszeit geboren. Weil er Deutsch konnte, wurde er als Dolmetscher eingesetzt und traf auf nationalsozialistische Schergen wie Hermann Göring und Ernst Kaltenbrunner. Er schrieb zahlreiche Theaterstücke, Gedichte und Bücher. Auch an Opern, Operetten und Musicals versuchte er sich. (…)/ Und wer durch dies Paradies muss/Findet später als Legat/Statt des Antisemitismus/Nur ein Antiquariat!“