Russland Ukraine Krieg

2022 - 3 - 22

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Ein Monat Ukraine-Krieg: "Eklatante Mängel auf taktischer Ebene" (tagesschau.de)

tagesschau.de: Was hat Russland in vier Wochen in der Ukraine erreicht? Franz-Stefan Gady: Ganz deutlich ist, dass die russischen Truppen die militärischen ...

Wichtig ist, die Ukraine finanziell zu unterstützen – und etwas für die vielen Flüchtlinge und die Linderung der humanitären Probleme zu tun. Ich glaube nicht, dass die russischen oder ukrainischen Streitkräfte in naher Zukunft kollabieren werden. Wir müssen gewährleisten, dass die effektivsten Systeme in die Hände der ukrainischen Streitkräfte kommen. Gady: Das ist das Problem: Wir wissen nicht, in welchem Zustand die ukrainischen Streitkräfte sind. Das bedeutet aber auch nicht, dass die Ukrainer gewinnen werden. Aber wir haben keine Ahnung, was die Munitionsreserven betrifft, wir wissen nicht, ob der westliche Nachschub auch wirklich im gewünschten Ausmaß ankommt, wir wissen auch nicht, inwiefern sich die Ukrainer zu neuen taktischen Gegebenheiten adaptieren, wir haben ganz wenig Einblick in die Kampfkraft der ukrainischen Luftwaffe. Das Wichtigste, was der Westen im Moment tun kann, ist, die Waffenlieferungen aufrecht zu erhalten. Bei einem intensiven Krieg geht die Zahl der Opfer schnell in die Tausende, und das war abzusehen. Gady: Wir kennen nicht die Verlustzahlen. Man muss davon ausgehen, dass die ukrainischen Verluste nicht weit unter den russischen liegen - vielleicht etwas geringer, weil sie verteidigen, anstatt angreifen. Wir wissen viel weniger über die ukrainischen Streitkräfte als über die russischen. Es war davon auszugehen, dass die russischen Truppen früher oder später logistische Probleme bekommen würden, weil die taktischen Bataillonstruppen im Gegensatz zu NATO-Einheiten mehr Logistik benötigen, weil sie mehr Feuerkraft und dadurch mehr Munitionsbedarf haben. Dafür bräuchte es zu viele Angreifer. Man wird stattdessen verstärkt auf den Einsatz von Artillerie setzen und die Stadt beschießen und dadurch der Selenskyj-Regierung vielleicht ein paar politische Konzessionen abringen können.

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Image courtesy of "Wiener Zeitung"

"Realistischerweise bleibt nur eine Verhandlungslösung" (Wiener Zeitung)

Eines ist klar: Die russische Armee verfügt nicht über genügend Soldaten, um Kiew im Häuserkampf anzugreifen und zu erobern. Einen Frontalangriff auf Kiew halte ...

Die Taktischen Bataillonsgruppen haben viel zu wenig Logistikelemente und Unterstützungseinheiten und auch einen viel größeren Munitionsverbrauch als westliche Armeen der Nato. Das war nicht überraschend. Dazu kommt, dass die russischen Streitkräfte nicht für "tiefe Operationen ins Feindesland" - wie das heißt - konzipiert sind. Freilich: Man kann nicht ausschließen, dass Russland plant, diese Gebiete wie damals Grosny in die Unterwerfung zu bomben. All das hat die Expertinnen und Experten nicht überrascht. Aber: Dass die Armee im Kampf der verbundenen Waffen nicht funktioniert, war schon überraschend. Die Erklärung ist, dass die ganze Operation nie so geplant war, die russischen Einheiten sind ja teilweise wie in Friedenszeiten vorgerückt. Mich erinnert das ein wenig daran, wie die Amerikaner 2003 im Irak einmarschiert sind - mit Humvees ohne Panzerung und völlig unvorbereitet darauf, was sie da mittelfristig erwartet. Eine weitere Hypothese, die unter anderem der österreichische Militärexperte Gustav Gressel vertritt, lautet, dass am 1. Mag sein, dass die russische Armee verstärkt auf Artillerie setzen wird - und das bedeutet, dass eine hohe Anzahl ziviler Opfer zu erwarten ist. Das bringt mich zu dem Schluss, dass die russische Armee in der jetzigen Phase nicht in der Lage ist, die Stadt zu nehmen. Im Krieg gibt es keine Sicherheiten, es gibt keine zwingende Logik, das Kampfgeschehen verändert sich, mutiert ständig und somit muss allen Analysten - auch mir - klar sein, dass man stets bereit sein muss, die eigenen Hypothesen über den Haufen zu werfen. Das Verhältnis verschiebt sich dadurch auf sieben zu eins oder acht zu eins. Franz-Stefan Gady: Ich stimme der Aussage, dass der russische Blitzkrieg gegen die Ukraine vorerst gescheitert ist, nicht zu. Die russische Armee wird nun davon auszugehen haben, dass sie rund um Kiew auf Grabensysteme, Minenfelder und andere, robuste Verteidigungsanlagen treffen wird. Wie ist die Lage an der Kontaktlinie beziehungsweise dort, wo die line of contact einmal war? Ich würde sagen: Die russische Version der Shock-and-Awe-Doktrin ist gescheitert.

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