Anlässlich seines 70. Geburtstages am 19. März resümiert Musiker Wolfgang Ambros über sein Leben in einem neuen Buch.
Es ist der ehrliche "Wolferl", wie ihn seine Fans lieben, den man herausliest, wenn er etwa seine Erinnerungen an Falco teilt. "Nicht alles was verboten ist, ist unbedingt schlecht", meinte Ambros über die Erfahrung mit letzteren. "Also körperliche Schmerzen habe ich fast nicht mehr." Für einen Text zu schreiben, ist sie gerade richtig, die Zeitspanne", lachte er. In "A Mensch möcht i bleib'n" erzählt der ewige "Wolferl" von Schicksalsschlägen. "Die Idee kam vom Verlag. Nach längerem hin und her habe ich mir gedacht, na gut, ich kann so ein paar Dinge in einem Ausmaß klarstellen, wie es sonst nicht möglich wäre", so Ambros im APA-Gespräch. Die letzten zehn Jahre waren für Wolfgang Ambros keine leichten: "Ich war in der Hölle", resümiert der Musiker in einem neuen Buch, das anlässlich seines 70.
Wolfgang Ambros ist der Vater des Austropop, er schrieb Protestsongs, die Hits wurden, er blieb über Jahre Lichtgestalt und überlebte das Danach seiner ...
Viele der im Jetzt erfolgreichen Popinterpreten Österreichs pflegen zu Ambros und seinem Werk ein die Historie achtendes Verhältnis. War Ambros in der Falco-Ära und für die Generation danach nur ein Sänger und Komponist, den man am liebsten in die Frühpension geschickt hätte, so spüren aktuelle Bands und Künstler wie Seiler und Speer oder Wanda, dass in den Ambros-Songs nicht nur die Geschichte der gesellschaftlichen Liberalisierung Österreichs mitschwingt - diese wurde von Ambros-Liedern auch massiv befördert -,sondern auch, dass sie die ganz spezielle, einfache und einnehmende Poesie der Ambros-Texte bewegt: Sätze und Wörter, die man in der coolen Gel- und Neon-Epoche nur schwer ertragen konnte. Die 1990er-Jahre und der Beginn des neuen Jahrtausends waren für Wolfgang Ambros geprägt von ungebremster Produktivität und einer zunehmenden Ikonisierung als Pate, ja Übervater der hiesigen Musikszene. Eine Rolle, mit der sich der sieben Jahre nach Kriegsende Geborene zu keinem Zeitpunkt abfinden wollte. Am Ende, als die Menge nach der Zugabe "Schifoan" schreit, lässt Ambros das Publikum den Text singen. Und dass es mehr Lieder sein werden als nur der "Hofa" und "Schifoan". Seltsam, dass dieser Mann, der so viel geleistet hat, der für so viel steht, der das Land auch verändert hat; seltsam, dass dieser Mann seinen letzten Dämon nicht besiegen kann: seine Unsicherheit. Wolfgang Ambros besuchte die Höhere Graphische Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt - damals noch in der Westbahnstraße in Wien-Neubau - und wollte den schon damals von Arbeitslosigkeit bedrohten Beruf des Siebdruckers erlernen. In Deutschland wurde Ambros als ernst zu nehmende Bühnengröße erst 1977 entdeckt - mit seinen unter dem Titel "Wie im Schlaf" veröffentlichten Bob-Dylan-Transkriptionen. Knapp vor dem Aufkommen von Punk und New Wave standen damals vor allem jene Singer-Songwriter hoch im Kurs, die moralische Botschaften formulierten - was Kritiker irritierte, die den oft spitzbübischen Moritaten und offensiven Blödeleien von Ambros, Georg Danzer, Ludwig Hirsch & Co. Bedeutsamkeit abzuringen versuchten. Die unschuldig-ungeheure Produktivität der beiden, beflügelt durch den Erfolg des Debütalbums "Alles andere zählt net mehr" und durch Singles wie "Kagran", "Tagwache" oder "A Mensch möcht i bleiben", führte zu vielen Auftragsarbeiten. Darunter ein Musical für die Wiener Festwochen 1973 namens "Fäustling" und ein noch heute gern gespieltes, gemeinsam mit Manfred Tauchen erdachtes, brachial holzschnittartiges Bühnendramolett und Konzeptalbum namens "Der Watzmann ruft" - später gefolgt vom ähnlich gestalteten Album "Schaffnerlos". Zwei Alleskönner, beide ausgebucht. In seiner lustvollen Morbidität und präzise gezeichneten Atmosphärik, durchsetzt von Nummer-1-Hits wie "Zwickt's mi", ist es ein prototypisches Opus des Austropop. Eventuell das allerbeste von insgesamt über 40 Alben mit dem verschlungenen Ambros-Signet - dem ersten Markenlogo eines österreichischen Popstars. "Wien ist die Stadt zum Sterben", sang Ambros vor mehr als 40 Jahren. Ambros hat nicht vor, in Wien zu sterben. An der Graphischen traf er auf Joesi Prokopetz, der hier Schriftsetzer lernte - auch ein Beruf ohne Zukunft. Prokopetz nennt die Graphische der 1970er-Jahre "das Gut Aiderbichl für gescheiterte Gymnasiasten". Prokopetz sah sich 18-jährig als Dichter, als Poet, als Autor von zukünftigem Weltrang. Und so schrieb er einen Text über einen Mann, dessen Blut in den Kanal rinnt - ein Mann namens Hofer. Ambros, der sich das Gitarrenspiel und Komponieren beigebracht hatte, lieferte die Musik. Beide waren 19, als die Single "Da Hofa" beim österreichischen Label Atom erschien; acht Wochen blieb sie an der Spitze der Verkaufscharts. Prokopetz sagt: "Als wir das erste Mal in den Büros der Plattenfirma auftauchten, haben sie uns noch abgeschasselt. Keine Platten, die haben wir selber alle, sondern Zeitungsausschnitte, private Fotos, eventuell Autogrammkarten und sonstige Devotionalien, die für den Film von Wert sein könnten. Diesen harmlosen und nie als Hintergehung geplanten Aufruf versteht Ambros als unverschämten Eingriff in sein Privatleben, als Suche nach Dreck unterm Teppich. Er tobt, meldet sich tagelang nicht und sagt dann das Interview ab. Er kennt den Ort seit den 1980er-Jahren, kam her zum Skifahren – Ambros war ein Könner auf Brettern und auch Skilehrer –, und irgendwann blieb er dann hier.
Wolfgang Ambros gilt als einer der Begründer des Austropops. Am 19. März feiert Ambros, der seine Jugend im Wienerwald verbrachte, seinen 70. Geburtstag.
Aber ich bin sehr froh, dass es so ist, wie es ist. Das hat trotz allem nicht so viel gebracht, dass es so wie früher ist. Ich würde nicht dasselbe tun, aber ich würde mich sinngemäß in gleicher Weise entwickeln, da bin ich mir ganz sicher. Ambros: Ich denke schon. Wir waren zwar nicht sehr reich, eher arm, aber ich konnte tun und lassen, was ich wollte. Da hat Joesi gemeint, das probieren wir auch. Ambros: Das hat sich so ergeben. Ich meine, vom heutigen Gesichtspunkt gesehen, wahrscheinlich nicht. Da durften wir die Jukebox laut drehen und mussten nichts dafür bezahlen. Rund um mich war Wald. Meine Freunde waren zum größten Teil Bauernkinder und da habe ich natürlich viel Bauernleben mitbekommen. Seine Lieder kennen in Österreich jung und alt und seine Texte – von „Schifoan“ bis „Zwickt’s mi“ – können viele wahrscheinlich auswendig. Wolfgang Ambros: Um vieles besser als lange Jahre davor.
Anlässlich seines 70. Geburtstages veröffentlicht Wolfgang Ambros ein Buch über seine Höhen und Tiefen, wobei auch viel Privates vorkommt.
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Wolfgang Ambros über das Schicksal, verweigerte Therapien, das Live-Spielen, Krieg, Umweltzerstörung und seine Unlust auf eine neue Platte.
Leider haben Sie uns hierfür keine Zustimmung gegeben. Und ich hätte das ohne Weiteres bis heute weitergelebt. Leider haben Sie uns hierfür keine Zustimmung gegeben. Es war 1990, und es hätte ja nicht so weitergehen können. Ich war dauernd im Einsatz, um das System zu erhalten. Ja, wir haben das geglaubt! Ich könnte wieder ein Vinylalbum machen, aber wer kauft denn das wieder? Leider haben Sie uns hierfür keine Zustimmung gegeben. Jetzt hat mir ein junger Mensch gesagt, das war seine erste Platte und er hat sie ununterbrochen gehört. Also habe ich mir gedacht: So unendlich schlecht, wie diese Platte damals gemacht wurde, kann sie nicht sein. Wann haben Sie das erstmals gespürt? Schon. Viele haben das bemerkt, und wenige goutiert. Und hin und wieder habe ich dazu gesungen. Ich wollte, dass das jeder weiß.
Wolfang Ambros ist eine Legende des Austropop. Am 19. März 2022 feiert der Sänger seinen 70. Geburtstag. Außerdem hat er seine Autobiografie „A Mensch möcht ...
Ihr Sohn Matthias ist Musikproduzent und Schlagzeuger bei Seiler und Speer. Der könnte die Platte als österreichischer Rick Rubin produzieren. Wolfgang Ambros: Das war während der Corona-Zeit. Und diese fast schon endzeitartigen Texte, die ich da verfasst habe, lese ich gar nicht mehr. Falco hin, Fendrich her: Der größte und vor allem zäheste Star des Austropop ist Wolfgang Ambros. In über fünf Jahrzehnten Karriere hat es der gebürtige Wiener in den Pophimmel geschafft – und ist danach in die Hölle gestürzt. Heute ist er zufrieden, dass er nach einer zweiten Operation an seiner Wirbelsäule, die durch eine angeborene Krankheit deformiert ist, wieder schmerzfrei leben kann: „Mir tuat so guat wie nix mehr weh, und des tuat guat.“ Zu seinem 70. Ich habe sie zum Teil auch weggeworfen. Beim „Hofa“ war ich 19, das muss man sich vorstellen. In dem Tiroler Ort, in den Sie wegen Ihrer Liebe zum Schifoan gezogen sind.